Was gibt es Neues am Bundesplatz?
23.09.2012: Beitrag für das Berliner Stadtblatt, Ausgabe September 2012. Von Franziska Becker.
Was gibt es neues am Bundesplatz?
Was machen eigentlich die Aktivitäten am Bundesplatz, die den Platz beleben sollen? In diesem Beitrag blicke ich zurück in die 1960er und 1970er Jahre, als das Leitbild der räumlichen Trennung von Arbeit, Wohnen und Leben zunehmend unser Stadtbild prägte. Und ein dichtes Straßennetz sorgte dafür, dass das Auto diese Trennung überwand, damit man schnell seine Ziele erreichen konnte. Im Westteil der Stadt drohte sich das "Fenster der Freiheit" für die Berlinerinnen und Berliner zu schließen. Die SPD hatte in dieser Zeit einen klaren Wählerauftrag, eine autogerechte Stadt umzusetzen und den großen Bedarf an Wohnungen zu befriedigen. Die Popularität Willy Brandts als Regierender Bürgermeister trug maßgeblich dazu bei, dass sich die SPD 1958 um 8,0 Prozentpunkte auf 52,6 % der Stimmen steigerte und 1963 sogar 61,9 % erzielte.
Für die betonträchtigen und autofreundlichen Großprojekte zeichnete der legendäre Bausenator Rolf Schwedler (1955-1972) verantwortlich. Prototyp für diese Bauweise war Los Angeles mit seinem ausgeklügelten Highway-System. Fortschrittsglaube, Altbauabriss und eine übergroße Verkehrsdichte führten zu krassen und aus heutiger Sicht kaum verständlichen Eingriffen in unser Stadtbild, die an vielen Orten zum Verlust von Urbanität führten. Während Schwedlers Dienstzeit entstanden 400.000 Wohnungen, neue Straßen, U-Bahn-Strecken und Plätze - so der Bundesplatz - und natürlich viele Grünanlagen.
Rolf Schwedlers Ehrengrab auf dem städtischen Friedhof Wilmersdorf (Foto: Wikipedia)
Kein anderer als Schwedler prägte das Stadtbild so entscheidend in der Nachkriegszeit. Leider auch im Hinblick auf soziale Nachteile. Ich nenne die zunehmende Verwahrlosung und die damit verbundenen Ladenleerstände hier am Bundesplatz, die die Ausrichtung auf den Automobilverkehr mit verursacht hatte.
Gestern war heute
Längst hat ein Umdenken stattgefunden. Stadtentwicklung hat einen Wandel erfahren, weg von der betonbetonten Architektur, hin zur Stärkung urbaner Stadtgebiete. Engagierte Bürger organisieren sich seit den 1980er Jahren in Initiativen in ihren Kiezen und Quartieren und bringen Veränderungsprozesse ins Rollen. So auch die Initiative Bundesplatz. "Unser Ziel ist es, langfristig eine sinnvolle städtebauliche Lösung für den Rückbau des Autotunnels am Bundesplatz zu finden, um dort das wunderbare Wohnquartier zusammenzuführen und wieder zu beleben", so Wolfgang Severin, der Vorsitzende der Initiative, die es seit 2010 gibt. Die Initiative hat ihre Forderungen an die Politik formuliert und bis heute erste Verbesserungen am Platz erreicht.
Die SPD die Anliegen der Initiative am Bundesplatz
Wir als SPD auf der Bezirks- und Landesebene sowie im Bezirksamt stehen im engen Dialog mit der Initiative. Gemeinsam haben wir Projekte angestoßen, etwa die Pflegevereinbarung mit dem Grünflächenamt unter Federführung von Baustadtrat Marc Schulte. Auf der kommenden Kreisdelegiertenversammlung der SPD Charlottenburg-Wilmersdorf (28.9.2012) werden wir auf Initiative des SPD-Fraktionsvorsitzenden der BVV, Holger Wuttig, einen Antrag diskutieren und ihn im Idealfall verabschieden. Beantragt wird die Erstellung eines Maßnahmenkatalogs zur Aufwertung des Bundesplatzes durch die zuständigen Stellen. Ferner beschloss die BVV kürzlich, die Bundesplatz-Initiative mit Ehrenamtstiteln über 3.500 Euro für weitere Aktivitäten zu unterstützen.
Meine monatliche Bürger-Sprechstunde am Bundesplatz
Darüber hinaus biete ich seit kurzem jeden dritten Freitag im Monat eine Bürgersprechstunde im Bundesplatz-Kino an, auch als ein Zeichen, dass es uns als SPD wichtig ist, vor Ort am Bundesplatz präsent zu sein und für Bürgeranliegen ein Ohr zu haben.
Neben der Neubepflanzung des Platzes gelang der Initiative ein weiterer Meilenstein: Die Mauern auf dem Platz wurden am 13. August eingerissen. Sie trugen nicht dazu bei, dass die Bürger dahinter verweilten, es auch nicht wollten. Das wird sich nun ändern, viele werden sich den Raum zurück erobern, etwa für die Mittagspause der anliegenden Geschäfte und Praxen. Im nächsten Schritt setzt sich die Initiative für mehr Zugänge in das öffentliche Grün auf dem Bundesplatz und für Tempo 30 auf den "Spangen” um den Bundesplatz ein.
13. August 2012: Die trennenden Mauern auf dem Bundesplatz werden eingerissen (vorne rechts: Franziska Becker)
Dicke Bretter
Zur Wahrheit gehört ("Bringschuld" hin oder her), dass größere bauliche Veränderungen nicht von heute auf morgen realisierbar sind. Es bedarf intensiver Diskussionen und Abstimmungsprozesse. Unterschiedliche verkehrs- und stadtentwicklungspolitische Interessen, aber auch haushalterische Fragen werden eine wichtige Rolle spielen. Hierzu schrieb etwa Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler (SPD) in einem Brief an den Bezirk, dass das Ansinnen der Bürger "grundsätzlich nachvollziehbar und unter Berücksichtigung städtebaulicher Kriterien vorstellbar" sei, aber wegen der Bedeutung des Bundesplatzes als Verkehrsknoten und fehlender Aussichten auf Finanzierung es derzeit keinen Sinn habe, entsprechende Untersuchungen einzuleiten.
Trotzdem nennt Bezirksstadtrat Marc Schulte die geforderte Zuschüttung des Tunnels eine "tolle Vision, deren Realisierung Zeit brauche". Alle Fraktionen der BVV haben auf Antragsinitiative der SPD ihre Zustimmung für dieses Vorhaben signalisiert.
Wir als SPD sind zuversichtlich, dass wir mittel- bis langfristig Wege und Mittel finden werden, um weitere wünschenswerte Veränderungen am Bundesplatz herbeizuführen.
"Berliner Stadtblatt", Ausgabe 09/2012 (s. S. 7) bzw. hier.
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